Cohen, Flora und Alfred

Flora Cohen
Flora Cohen
Alfred Cohen (1864-1942) und seine Frau Flora Cohen (1875-1955, geb. Assenheimer aus Ottersberg) waren Anfang des 20. Jh. etablierte Geschäftsleute in Osterholz-Scharmbeck, die im Nationalsozialismus entrechtet und in Konzentrationslager gesperrt wurden, wo Alfred 1942 verstarb.

Alfred Cohen
Alfred Cohen
Alfred wurde zur Blütezeit der hiesigen jüdischen Gemeinde als zweites Kind der Eheleute Meyer Cohen (1828-1900) und Elise Cohen (geb. Hattendorf, 1836-1921) geboren, vier seiner Geschwister starben im Kindesalter. Er wuchs in Osterholz im Haus seiner Eltern in der Hohetorstraße (heute Nr. 14) auf, wo sein Vater ein Manufakturgeschäft unterhielt.

Alfred übernahm das väterliche Geschäft, sein jüngerer Bruder Siegmund (*1871) erwarb 1897 oder 1898 am Bahnhof (später Bahnhofstraße 37) ebenfalls ein Manufaktur-, Kurz- und Weißwarengeschäft und war im 1. Weltkrieg Aufsichts-Unteroffizier für den Kreis Osterholz. Sein Bruder Dr. Richard Cohen (*1872) diente als Sanitätsrat an der Front und wurde mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet.

Flora und Alfred hatten zwei Kinder: Henny (1905-1942) blieb bis zu ihrer Deportation 1941 bei den Eltern. Friedrich („Fritz“) Wilhelm (1907-1976) lernte Textilkaufmann und heiratet in Westdeutschland seine Frau Henny, beide wanderten 1937 nach Brasilien aus.

Der seit 1933 von den Nationalsozialisten organisierte, u. a. mit Plakaten und uniformierten Wachen vor den Geschäften durchgesetzte Boykott jüdischer Geschäfte führte 1935 zum Konkurs des Geschäftes in der Hohetorstraße. Über Zwischeneigentümer erwarb der Textilkaufmann Schröder aus Lilienthal die Immobilie. Bis 1936 blieben Alfred und die Familie als Mieter, ab 1937 konnte er nur noch als „fliegender Händler“ für Manufakturen tätig sein und musste mit der Familie als Mieter zu Meta Schwenke in die Bremer Straße 47 ziehen.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 (sog. Reichspogromnacht) drangen SA-Männer nach der vereitelten Brandstiftung an der ehemaligen Synagoge auch in die Wohnung der Cohens in der Bremer Straße ein, trieben die Familie in den Keller und zerschlugen die dort stehenden Einweckgläser.

Volkskartei-Karte Alfred Cohen
Volkskartei-Karte Alfred Cohen
Jede geschäftliche Tätigkeit wurde den Juden im November 1938 untersagt, so dass Alfred den Handel völlig aufgeben musste. Nachdem seine Ersparnisse augebraucht waren, musste er mit seiner Familie von der öffentlichen Fürsorge leben. Im März 1939 musste die Familie Cohen im Rathaus erscheinen, um ihre mit dem Großbuchstaben „J“ für Jude versehene Karte für die Volkskartei zu unterschreiben. Im September 1939 wurden die Radios jüdischer Mitbürger beschlagnahmt, ab Oktober durften sie in Osterholz-Scharmbeck nur noch zu festgelegten Zeiten in drei ausgewählten Lebensmittelgeschäften einkaufen. Flora, Alfred und Henny wurden im Oktober von der Stadtverwaltung zum Umzug in ein „Judenhaus“ in der Bahnhofstraße 84 zu ihrem ehemaligen Geschäftskonkurrenten Davidsohn gezwungen.

Stolpersteine für Flora und Alfred Cohen in der Nordstraße (ehemals Nr. 210) in Bremen
Stolpersteine für Flora und Alfred Cohen in der Nordstraße (ehemals Nr. 210) in Bremen
Henny wurde am 17. November 1941 in das Ghetto von Minsk deportiert und kam dort vermutlich im Zuge der Massentötungen durch Vergasen oder Erschießen 1942 ums Leben.

Flora und Alfred wurden am 21. März 1942 in ein Bremer „Judenhaus“ in der Nordstraße 210 am Hafen umgesiedelt. Im Juli wurden sie in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo der 76-jährige Alfred knapp drei Wochen nach der Ankunft starb. Flora wurde am 8. Mai 1945 im Alter von 70 Jahren von der Roten Armee befreit und kehrte zu ihrer Schwägerin Frieda Cohen, der Witwe von Dr. Richard Cohen, nach Bremen zurück. 1946 zog sie zu ihrem Sohn Fritz und ihrer Schwiegertochter Henny nach Sao Paulo.

Eintrag im Gedenkbuch Bundesarchiv:

Cohen, Alfred
* 17. Februar 1864 in Osterholz-Scharmbeck
wohnhaft in Osterholz-Scharmbeck

Deportation:
ab Hannover
23. Juli 1942, Theresienstadt, Ghetto

Todesdatum:
11. August 1942, Theresienstadt, Ghetto

5 Antworten auf „Cohen, Flora und Alfred“

  1. Hi,

    My name is Michel Assenheimer and my ancestors are from Bremen and Syke. I know of relatives from Ottersberg but have never heard of Flora nee Assenheimer. I would be interested learning more in order to establish how we might be related. Please contact me by email.

    – Michel Assenheimer, Ph.D.

    1. Dear Michel,

      my greatgreatuncle is Cäsar Asser, born in Altona. He and his son in law Fritz Cohen were merchants in Göttingen. Fritz and his wife Jenny (?) managed to escape to Sao Paulo, Brasilia. I wonder wether you know anything about this part of the family…

      Kind regards,
      Wolfgang Ram
      Kiel
      praxis@dres-ram.de

      1. Lieber Herr Ram,
        in dem Buch „Ein Denkmal der Familie Cohen“ von Klaus Beer wird (wie o.g.) erwähnt, dass Flora Cohen 1946 zu ihrem Sohn Fritz (1907-1976) zog, der 1937 rechtzeitig nach Sao Paulo entkommen war. Dort ist auch ein Foto der beiden mit Ehefrau Henny (!) reproduziert, Fritz Cohen sei außerdem 1966 in Osterholz-Scharmbeck gewesen und hat dabei u.a. dafür gesorgt, dass der Grabstein seiner Großmutter Elise Cohen geb. Hattendorf neu angefertigt und korrekt platziert wurde. Fritz (eigentl. Friedrich Wilhelm) habe Textilkaufmann gelern und dann in Westdeutschland gearbeitet. Seine Ehefrau Henny soll allerdings die Tochter eines Rabbiners aus Essen gewesen sein..

        Passt das?

        Herzliche Grüße
        Jürgen Heuser

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