Radunfälle mit abbiegenden Kfz

Kein Problem auf super-bequemen Velo-Routen: abbiegende Autos
Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) hat im Juli 2013 interessante Ergebnisse ihrer Studie „Problem Radfahrerunfälle – Maßnahmen gegen den Abbiegekonflikt Kfz – Radfahrer“ vorgestellt.

Aktuelle Zahlen aus 2012:
• 299.636 Unfälle mit Verletzten: 3.600 Tote, 66.279 Schwer- und 318.099 Leichtverletzte
• Davon 74.961 Unfälle mit verletzten Radfahrern: 417 Tote, 14.496 Schwer- und 64.835 Leichtverletzte
• Innerorts ist jeder vierte Getötete ein Radfahrer
• Jeder fünfte Verletzte ist ein Radfahrer

Unfälle mit Radfahrern und abbiegenden Kfz machen einen erheblichen Anteil der Rad-Unfälle aus und haben meist schwerwiegende Folgen. Die Studie der UDV zum Unfallgeschehen zwischen abbiegenden Kfz und geradeausfahrenden Radfahrern untersuchte die Einflüsse der Verkehrsinfrastrukturgestaltung und des Verhaltens der Verkehrsteilnehmer auf die Verkehrssicherheit beim Abbiegen an innerörtlichen Knotenpunkten. Dazu wurden ca. 900 Unfälle der Jahre 2007 bis 2009 zwischen abbiegenden Kfz und geradeausfahrenden Radfahrern in vier Städten (Darmstadt, Erfurt, Magdeburg und Münster) analysiert und an 43 Kreuzungen ergänzende Verhaltensbeobachtungen durchgeführt. Zusätzlich wurden Auto- und Radfahrer in diesen Städten telefonisch über ihr Sicherheitsempfinden, ihr Verhalten im Verkehr und ihre Kenntnisse der Verkehrsregeln befragt.

• 2/3 der Unfälle ereignen sich beim Rechts-, 1/3 beim Linksabbiegen
• 80 % dieser Unfälle haben Verletzungen zur Folge (6-mal häufiger als bei allen Unfällen)
• Bei > 90 % dieser Unfälle trägt der Kfz-Führer die Hauptschuld
• bei nur ca. 11 % dieser Unfälle sind Lkw oder Lieferwagen beteiligt (der „tote Winkel“ ist offenbar nachrangig)

Die Auswertung der Unfälle zeigte als allgemein unfallbegünstigende Faktoren:
• Linksfahrende Radfahrer
• Radfahrer auf fremde Flächen z.B. Gehweg
• Abschüssige Verkehrsanlagen
Als „unfallauffällige Infrastruktur“ wurden identifiziert:
• Kreuzungen mit Lichtsignalanlage und abgesetzter Radfahrfurt von 2 bis 4m
• Kreuzungen ohne Lichtsignalanlage und einer Furtabsetzung von mehr als 4m
(beides insbesondere in Kombination mit Sichtbehinderungen, die bei 70-80 % der Unfälle festgestellt wurden)
• Kreuzungen ohne gesonderte Radwege mit wenig Radverkehr ohne Lichtsignalanlage

Bei den Verhaltensbeobachtungen (736 Interaktionen) zeigte sich eine stark situationsabhängige „Konfliktrate“:
• 3,2 %, wenn Auto- und Radfahrer nach einer Rotphase gemeinsam starten,
• 10,4 %, wenn beide Grünsignal haben und
• 29,8 %, wenn der Autofahrer nach Rot an- und der Radfahrer bei Grün durchfährt.
• 38,4 % bei mehreren Kfz in einer Abbiegereihe (frei fahrendes Kfz: 6,1 %)
• 6,1 % bei mehreren Radfahrern in einer Kolonne (frei fahrender Radfahrer: 13,2 %)
• 2,0 %, wenn sich der Radfahrer im Sichtfeld des Autofahrers befindet
• 16 %, wenn er hinter oder in gleicher Höhe fährt.

An Regelverstößen wurden seitens der Kfz-Führer beobachtet:
19,2 % (bei Konflikt 33,3 %) Fehlender Schulterblick (zunehmend häufiger bei älteren Af)
1,9 % Kein Blinken
4,7 % Ablenkung (meist Handynutzung)
Und von Seiten der Radfahrer:
0,3 % Rotlichtverstoß
3,8 % Gehwegbenutzung
17,4 % Fahren in falscher Richtung
13,3 % (bei Konflikten 24 %) Queren an Fußgängerfurt oder rechts der Radweg-Furt

Die Unfallforschung der Versicherer zieht aus ihrer Studie vor allem folgendes Fazit:

Die Infrastruktur an Knotenpunkten ist so zu gestalten und instand zu halten, dass ein Sichtkontakt zwischen Autofahrern und Radfahrern gewährleistet ist. Sichthindernisse sind zu entfernen.

Radverkehrsanlagen müssen regelkonform gestaltet, erkennbar und verständlich sein. Dieses gilt auch für Radwege mit fehlender Benutzungspflicht, ansonsten sollten diese zurückgebaut werden.

Autofahrer können nicht erkennen, wann Radverkehrsanlagen benutzungspflichtig sind oder ob linksfahrende Radfahrer illegal oder legal unterwegs sind. Für die Situation des Abbiegens ist der rücksichtsvolle Umgang miteinander nach §1 der StVO also zu betonen. Die (nonverbale) Kommunikation zwischen den Beteiligten und der Schulterblick von Autofahrer und Radfahrer müssen selbstverständlich werden. Es sollten alle Möglichkeiten ergriffen werden um in dieser Hinsicht eine Sensibilisierung der Verkehrsteilnehmer zu erreichen, dazu gehören Kampagnen, aber auch eine Thematisierung in den Medien und der Ausbildung.

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